Jasna Góra / Heller Berg

Eine Audienz bei der Schwarzen Madonna

Text: Hannes

Der 5. Tag unserer Polentour startete noch ein zweites Mal in St. Annaberg. Bei uns im Zimmer klingelte der Wecker bereits um 7 Uhr, da uns das Frühstück um 7:30 erwartete, um dann um 8:30 rechtzeitig loszufahren. Nachdem es dann um ungefähr 7:20 Uhr alle aus dem Bett geschafft hatten, ging es runter zum Frühstück, welches man erneut – um die Schreiberin des Vortages zu zitieren – durchaus als üppig bezeichnen konnte. Leider war nur wenig Veganes zu finden, allen anderen schien es aber gut geschmeckt zu haben. Um 8:30 ging es dann los und wir traten unsere Busfahrt nach Częstochowa (zum Glück muss ich das nur schreiben und nicht aussprechen;)) an.

Nach einer 2 1/2-stündigen Busfahrt und einer zehnminütigen Pause, welche aufgrund von einem Problem der Kaffeemaschine im örtlichen KFC sich ein wenig verzögerte (naja, manchmal kommt halt auch die Leitung zu spät („Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“)), kamen wir um ca. 11 Uhr an. Dort erwartete uns eine rund zweistündige Führung samt Betrachtung der Schwarzen Madonna durch die Räumlichkeiten des wohl wichtigsten Wallfahrtsortes des katholischen Polens.


Da diese Fahrt, wie so häufig und gerne von der Leitung betont, auch eine Bildungsfahrt ist, folgt nun auch eine kleine Geschichtsstunde. Ich versuche, mich kurzzuhalten: Also ab dem 13. Jahrhundert kamen Pauliner aus Ungarn nach Polen und begründeten dort diese Klosterstelle. Der Orden hat tatsächlich weder was mit dem Fußballverein St. Pauli, noch was mit dem - wie wahrscheinlich die Meisten gedacht haben - Apostel Paulus zu tun. Dieser Orden beruft sich auf den Heiligen Paulus den ersten Eremiten, welcher angeblich im 4. Jahrhundert vor Christus in der Wüste nahe des ägyptischen Thebens gelebt hat. Wo diese Erzählung überliefert ist und warum er heilig gesprochen wurde, konnte ich aber auch nicht ganz nachvollziehen. 1382 wurde das bekannte Bild der Schwarzen Madonna überreicht, welches vermutlich von Ladislaus aus Lemberg stammte. Warum dieses aus dem byzantinischen Reich stammende Bild zwei schwarze Personen abbildet, ist in der Wissenschaft umstritten.

Mein heißer Tipp: Vielleicht wussten die Byzantiner einfach, anders als die ganzen Krippenspiele, Adventskalender usw. im jährlichen weihnachtlichen Schlussverkauf, dass Maria und Jesu niemals weiße Personen gewesen sind und nur vom Westen vereinnahmt wurden. Naja, wie auch immer.

Jedenfalls wird dieser Ort jährlich von hunderttausenden Pilgern besucht, vor allem im August zur Feier Mariä Himmelfahrt. Nach einer Besichtigung des Rittersaals und einer deutlich ausführlicheren Geschichtsstunde kamen wir dann in die Kapelle zur Besichtigung der Schwarzen Madonna. Auch wenn aus religiöser Sicht der Besuch für unsere überwiegend protestantisch und atheistisch geprägte Band nicht wirklich interessant ist, lässt sich die Atmosphäre in diesem Raum kaum beschreiben, als so gewaltig empfand ich sie. An den Wänden hingen jede Menge Rosenkränze, Plaketten und andere Geschenke ehemaliger Besucher und Geheilter. Vor allem eine Wand mit unzähligen Krücken machte einen gewaltigen Eindruck, so schienen alle diese Menschen nach ihrem Besuch wieder einwandfrei laufen gelernt zu haben. Auch eine Plakette, auf der mit römischen Zahlen das Jahr 1432 angegeben war, beeindruckte mich sehr, verdeutlichte es doch perfekt die gewaltige Historie dieses Ortes. Auch der Anblick der Madonna in Verbindung mit der Ehrfürchtigkeit aller Anwesenden, erzeugte eine Atmosphäre, die ein Text in keinem Fall wiedergeben kann. Eine sehr besondere Erfahrung. Danke dafür!

Nach der Führung ging es für uns zu einem lokalen Restaurant, wo wir ein ebenfalls üppiges Essen bekamen: Kartoffelklöße, Butterkartoffeln zu Rotkohl, Ente, gebackenes Butterhühnchen, Rinderrouladen und für die Vegetarier Risotto. Der Rotkohl entpuppte sich dann aber schließlich als Rote Beete, weswegen einige Personen in der Gruppe verdutzte Gesichter machten (Liebe Grüße an J.). Außerdem fehlte einer Person der Reisegruppe vermutlich noch Schnitzel beim Essen;) (Nochmals liebe Grüße an J.).

Nach dem Mittagessen ging es mit rund einer halben Stunde Verzug zur Promenade, einen schönen im Grünen gelegenen Auftrittsort. Ohne Soundcheck spielten wir etwas mehr als 60 Minuten und trafen auf positive Resonanz, danke dafür! So wollten zwei Jugendliche nach dem Konzert nicht nur eine CD von uns, sondern auch Autogramme der gesamten Band. An dieser Stelle auch nochmal ganz, ganz lieben Dank an Tadeusz Orgielewski für die großartige Organisation und die positive Stimmung. Auch vielen Dank für die CD deiner Komposition, welche von deiner eigenen Band „Five O’Clock“ aufgenommen wurde. Ich werde auf jeden Fall reinhören!
Kurz vor 6 fuhren wir dann los in Richtung Katowice, wo wir um ca. 10 vor 8 ankamen.
Nachdem die Koffer und Instrumente aufs Zimmer gebracht waren, zog es die vermeintlich Vernünftigen schnell ins Bett, während der Großteil zu einem Public Viewing in die City zog, um das Deutschlandspiel zu sehen, noch etwas zu essen und die Gesellschaft mit alkoholfreien Kaltgetränken zu genießen.

Ein herzlicher Dank gebührt auch der Stadt Częstochowa für einen wundervollen Konzertplatz an der Promenade, die tolle Organisation und die schöne Atmosphäre mit den Bewohnern der Stadt. -Danke.

Erschöpft und zufrieden gleiten wir mit Valentin nach Katowice …